Franz Kafka schreibt in einer Nacht seine Erzählung "Das Urteil" (22.9.1912)

Franz Kafka schreibt in einer Nacht seine Erzählung "Das Urteil" (22.9.1912)

Podcast - ZeitZeichen | 22.09.2022 | Dauer: 00:14:08 | SR 2 - Monika Buschey

Themen

"Die ungeheure Welt, die ich im Kopf habe. Aber wie mich befreien und sie befreien, ohne zu zerreißen…" Sein ganzes Leben war eine Zerreißprobe. Franz Kafka, 1883 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Prag geboren, ging bis an die Grenzen seiner Kraft, um das Unvereinbare doch noch zusammen zu bringen. Er wollte unbedingt die Rolle spielen, die von ihm erwartet wurde: Heiraten, eine Familie gründen. Zugleich konnte er es nicht. Alle Beziehungen, bis auf die letzte, scheiterten. Allein seine Freundin Dora Diamant begleitete ihn zwei Jahre lang bis zum Tod. Das entscheidende Kraftfeld seines Lebens war das Schreiben, die Literatur. Sie war für ihn "das Wichtigste auf Erden, wie etwa einem Irrsinnigen sein Wahn". In einer Septembernacht 1912 gelang ihm, was er lange nicht zu hoffen gewagt hatte: Die Erzählung "Das Urteil" machte ihn zum Schriftsteller. Was vorher war, erschien ihm jetzt als bloße Fingerübung. Er schrieb in dieser Nacht wie besessen. Die Erzählung steckt den Raum ab, den er fortan als Schriftsteller besetzt halten würde. Auf wenigen Seiten ist alles versammelt: Die Traumlogik mit ihren Widersprüchen, das ängstigende Verhältnis zum autoritären Vater, die juristischen Begriffe, die Erwartungen des Helden, die zuwiderlaufende Handlung, die klare Sprache. Franz Kafka, als der Morgen des 23. September dämmerte, war erschöpft, aber begeistert.

Artikel mit anderen teilen

ARTIKEL VERSENDEN

Leider ist beim Senden der Nachricht ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen Sie es noch einmal.
Klicken Sie bitte das Mikrofon an.
Vielen Dank f�r Ihre Nachricht, sie wurde erfolgreich gesendet.