Das Ende der Pariser Kommune (28.5.1871)
Podcast - ZeitZeichen | 28.05.2021 | Dauer: 00:14:35 | SR kultur - Sabine Mann
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"Die zweihunderttausend Menschen, die Anhänger der Kommune waren, waren nicht alle schreckliche Schurken", schreibt eine Zeugin der Ereignisse am 28. Mai 1871. "Die Mehrheit gehörte zu jenen heroischen Bürgern von Paris, die in den vorangegangenen Monaten der preußischen Belagerung Patriotismus und Opferbereitschaft bewiesen." Erstaunlicherweise scheiden sich trotzdem noch 150 Jahre später die Geister an dem in blutigen Massakern niedergeschlagenen Aufstand. Während sich in Frankreich heute kaum jemand daran stößt, dass zu seinem 200. Todestag des "Mythos Napoleon" gedacht wird, will sich von Staats wegen niemand mit jener radikalen Utopie einer sozialen Republik beschäftigen, in der die Historiker mittlerweile einen "außerordentlich faszinierenden politischen Versuch" sehen. Als ob die mehreren zehntausend getöteten, gefangenen oder deportierten Männer, Frauen und Kinder noch immer Märtyrer der Diktatur des Proletariats seien. Und als ob ermordete Geistliche und Generäle, die Brände des Tuilerienpalastes, des Rathauses, des Justizpalastes und zweier Ministerien verrückten entfesselten Fanatikern anzulasten wären. Noch nicht einmal der Pariser Stadtrat konnte sich einstimmig für Veranstaltungen zur Erinnerung an 72 Tage Pariser Kommune aussprechen: Die sozialistische Bürgermeisterin musste ihr Programm ohne die Konservativen umsetzen.